Herkunft und Ausbildung in Bad Kreuznach
Alexe Altenkirch wurde am 05. Juli 1871 als Tochter der Eheleute
Carl August Altenkirch (07.06.1848-14.07.1932)
und Maria Gabriele Altenkirch (27.07.1848-10.04.1939) (geb. Eccardt, Tochter von C.F. Eccardt)
als jüngere Schwester von Karl Altenkirch (2.2.1869-27.12.1936) in Bad Kreuznach geboren. Alexe wuchs in ihrem Elternhaus dem Weingut Carl Altenkirch in der Rheingrafenstr. 9 in Bad Kreuznach auf.
Foto: Rheingrafenstr. 9 Süd-West Seite (vor 1945).
Foto: Rheingrafenstr. 9 Süd-Ost Seite (vor 1945).
Gegenüber des Anwesens lag der Bahnhof „Haltestelle Bad Kreuznach“. Links auf dem Foto unten sieht man noch den Gartenzaun des Anwesens in dem Alexe Altenkirch lebte.
Foto: „Haltestelle Bad Kreuznach“, Postkarte von 1905, Verlag Buss & Kupfer, Kreuznach [4].
An diesem Bahnübergang Rheingrafenstrasse hatte das Kurviertel seinen eigenen Bahnhof.
Die junge Alexe begann ihre schulische Ausbildung bei der Tante Elise Eccardt (14.04.1842-07.04.1932) im Luisen Institut für höhere Töchter (Salinenstr. 48. heute Parkplatz der Volksbank),
wo sie nicht nur eine vorzügliche standesgemäße Unterrichtung genoss, sondern auch die später oft genutzte Bekanntschaft vornehmer Töchter der Kreuznacher Badegäste machte. In der abschließenden einjährigen Ausbildung zur Hauswirtschafterin wird Alexe wohl den Entschluss gefasst haben, wie ihre ältere Schwester
Elisabeth Dorothea Altenkirch (gen. Else) (*09/1867-02/1943)
eine kunstgewerbliche Schulung zu beginnen und ihr künstlerisches Talent zu erproben. Probehalber wurde Alexe zu Bekannten nach Paris geschickt, um dort den ersten Zeichen- und Malunterricht zu nehmen. Dass sowohl Else als auch Alexe Altenkirch eine künstlerische Ausbildung genießen durften, zeigt die positive Einstellung ihrer Eltern zu Kunst und Kultur.
Hanau
Ab 1888 besuchte sie die Königliche Zeichenakademie in Hanau unter der Leitung von Prof. Paul Andorff, an der auch schon damals Emil Thormählen, der Ehemann ihrer Schwester Else, als Architekt und Bibliothekar, später bis 1897 auch als stellvertretender Direktor tätig war. Neben der Ausbildung und Handhabung der kunstgewerblichen Techniken wie z.B. Kunststickerei, Nadelmalerei, Knüpftechnik etc. widmete sich Alexe besonders dem Studium der Architekturdarstellungen, dem Malen der Blumen und Ornamenten, der Landschaftsmalerei, der Porträtkunst und erwarb so die Grundlagen in unterschiedlichen Maltechniken und für die ihr zusagenden Motive.
München
Zur weiteren Ausbildung zog sie nach München. Dort an der Damenakademie besuchte sie in den Jahren 1892 bis 1895 mit Erfolg die Malkurse bei Friedrich Fehr, Ludwig Heterich und Ludwig Schmidt-Reuthe, die ihr halfen, die Grundlagen für die großflächig, dekorativ und farbenprächtig ausgeführte Malweise von Blumen- und Pflanzenbilder, Landschaftsbilder, Stadtwinkeln oder auch Porträtansichten zu vertiefen.
Paris
Zum Studium der Aktmalerei schreib sie sich 1895/96 an der Acadèmie Julian in Paris ein und nahm intensiven Unterricht bei dem beliebten Porträtisten Ferrier.
Nizza
Ein zweijähriger Aufenthalt in Nizza um 1898/99 bei Prof. Edouard John Menta ermöglicht es ihr, nicht nur die mediterrane Landschaft und das südländische Genre zu malen, sondern auch mit Federzeichnungen in Monte Carlo an einer großen Ausstellung teilzunehmen. Diese Zeichnungen, von der Presse mit positiver Kritik kommentiert, wurden später noch in Frankfurt, Leipzig, Wien, Magdeburg und Köln gezeigt.
Reisen, Ausbildung zur Werbegrafikerin und Beginn der Lehrtätigkeit
Schon als junges Mädchen begleitete Alexe ihren Vater auf Reisen zu den Weinkunden, verbrachte Ferientage bei ihrer Tante Marie in Mannheim und war es gewohnt, in fremder Umgebung zurechtzukommen. So nutzte sie auch während ihres Studiums die freie Zeit, Ferien oder sogar Auszeiten, um durch längere Reisen ihre Malkenntnisse und Bildung zu vertiefen oder weitere Kunstfertigkeiten zu studieren. Vom Elternhaus großzügig unterstützt konnte sie sich Reisen nach Venedig und Florenz, Konstantinopel und Kleinasien, ja sogar in den Kaukasus leisten, wo sie von der Studienfreundin aus München, der Diplomatentochter Tamara Statkompski, fürstlich empfangen wurde und fast ein halbes Jahr unter dem Schutz des russischen Botschafters leben und sich der Webkunst und Batik widmen konnte. Ihre Porträtzeichnungen hatten erste Aufträge und die Einladung bewirkt.
Karlsruhe
Nach dem Studienaufenthalt in Nizza mit dem ihr oft lästigen Kopieren von Gipsmodellen und bei Rückbesinnung auf 10 Jahre Kunststudium wird Alexe wohl auf Anraten ihres Schwagers Emil Thormählen (der seit 1897 in Magdeburg die Kunstgewerbeschule leitete, dabei die Berufsausbildung nach den Erfordernisse der Industrie ausrichtete und sich im Gegensatz zu seinen Söhnen Ludwig und Klaus zeitlebens mit „ä“ schrieb ), ihre berufliche Zukunft in der Werbegrafik gesehen haben. Dazu nahm sie ab 1900 ein Atelier in Karlsruhe, um unter Prof. Franz Hein am Künstlerbund lithographisch mitzuarbeiten. Zuvor hatte sie bei der Druckerei Klimsch in Frankfurt a. M. als erste Frau das Druckverfahren „ für die Reklame „ erlernt.
Bukarest
Den Winter 1902 verbrachte Alexe für Erledigung von Aufträgen nach Einladung durch den königlichen Hof in Bukarest. Wahrscheinlich handelte es sich dabei um einen Wunsch der Rumänischen Königin Marie von Edinburg (1875–1938).
Königin Maria war damals außerdem sehr aktiv im Kultur- und Kunstleben des Landes. [1]
Alexes Vater Carl Altenkirch war dort auch mit seinen Weinen Hoflieferant.
Bad Kreuznach
Im Sommer erteilte sie daheim in der „Villa am Bade-Bahnhof“ (Rheingrafenstr. 9) „Zeichen- und Malunterricht“ an begabte Ausländerinnen. Darunter befanden sich auch Mitglieder der russischen Zarenfamilie. Der Einladung, als Portraitistin an den Zarenhof zu gehen, folgte sie jedoch nicht. [2]
Alexe Altenkirch: Brückenhäuser in Bad Kreuznach
Magdeburg
Hier kam sie durch die Mitarbeit in der Künstlerkolonie, die in engem Kontakt zur Kunstgewerbeschule unter der Leitung ihres Schwagers Emil Thormählen stand, in Verbindung mit der modernen Angewandten Kunst und erhielt auch Anstöße zur Betätigung mit dekorativer Kunst. Ihr Bruder Karl Altenkirch, der bereits in der Papierfabrik Zanders in Bergisch Gladbach als Kaufmann tätig war, wird Anlass gewesen sein, ihr Malatelier und Unterrichtsstudio nach Köln zu verlegen.
Köln
Alexe Altenkirch: Stadtansicht von Köln auf einer Postkarte (um 1900)
Sie wohnte in Köln Lindenthal im Kringsweg 17. In eigenen Räumen am Hohenzollernring 48 gab sie Zeichenunterricht an Töchter bekannter Kölner Familien, unterrichtete am Mädchengymnasium und übernahm auf Anregung der Vorsitzenden des Vereins für weibliche Angestellte, Elisabeth von Mumm, Kurse für junge Mädchen , die im Kunstgewerbe einen Beruf suchten. Trotz der vielseitigen und arbeitsintensiven Beschäftigung entschloss sie sich, eine Lehrtätigkeit ab 1907 an der Kunstgewerbe- und Handwerkerschule der Stadt Köln, der späteren Werkschule, zu übernehmen und die Damenklasse im figürlichen Zeichnen zu unterrichten. Dorthin wurde auch Emil Thormählen zur Übernahme der Schulleitung, der Neuausrichtung der Lehrpläne auf die kunstgewerbliche Ausbildung und für die Planung eines neuen Schulgebäudes im Jahr 1910 versetzt. Als Architekt und frühes Mitglied des Deutschen Werkbundes war er mit der künstlerischen und kunstgewerblichen Entwicklung in Deutschland befasst und hatte enge Kontakte mit den Initiatoren des Bauhausstiles. Für Alexe, die ab 1912 ebenfalls Mitglied im Deutschen Werkbund war, war seine Präsenz sicher eine Aufwertung ihrer Stellung und ihrer pädagogischen Arbeit. Gleichzeitig stieg ihr Ansehen und ihr Einfluss durch Verbindung der theoretischen Arbeit mit ihrem praktischen Engagement als Werbegrafikerin im Industriebetrieb und dem zusätzlichen Einsatz in Kultur und Verbänden der Stadt Köln. So war sie Mitbegründerin der GEDOK – Gemeinschaft der Künstlerinnen und Kunstfreunde e. V., wurde 1930 ihre 2. Vorsitzende und war eine der führenden Persönlichkeiten im Kölner Kulturleben.
Foto: Alexe Altenkirch (1. Reihe, 6. v. rechts) im Kreise ihrer Familie und Mitgliedern des VfL 1848 e.V. Bad Kreuznach im Jahre 1916 bei der goldenen Hochzeit ihrer Eltern vor der Freitreppe auf der Südseite der Rheingrafenstr. 9 in Bad Kreuznach (Nachlass Klaus Thormaehlen 1. Reihe, 3. v.l.)
Ihr unermüdliche Einsatz, ihre persönlichen Einladungen zu Vorträgen, Festveranstaltungen oder Ausstellungen bewirkte, sicher auch durch die Fürsprache des damaligen Kölner OB Konrad Adenauer und seiner Ehefrau, die häufig zu ihren Gästen zählten, dass ihr 1923 der Titel „Professor“ für „Freie und angewandte Kunst“ verliehen wurde, und sie als Dozentin bis zu ihrem vorzeitigen Ausscheiden im Jahr 1932 an ihrer Schule tätig sein konnte. Die hohen beruflichen Anforderungen, aber auch die Häufung von Todesfällen ihr nahe stehender Menschen, wie der plötzliche Tod ihres Bruders Karl und bald darauf seiner Gattin Camille und der Tod ihres hochbetagten Vaters Carl August Altenkirch belasteten sie zunehmend mehr und verstärkten die Symptome der seit 1925 einsetzenden Parkinson‘schen Krankheit, so dass sie zeitweise gar nicht schreiben und ihrer geliebten „Nebentätigkeit“ dem Malen in freier Natur nachgehen konnte.
Foto: Alexe Altenkirch (1. Reihe, 6. v. r) im Kreise ihrer Familie und Mitgliedern des VfL 1848 e.V. Bad Kreuznach im Jahre 1927 bei der diamantenen Hochzeit ihrer Eltern am Teich auf der Südseite der Rheingrafenstr. 9 in Bad Kreuznach (Nachlass Klaus Thormaehlen 1. Reihe, 8. v.r.). Die Statue in der Mitte wurde von Ludwig Thormaehlen (2. Reihe, 3.v.l.) geschaffen.
Bergisch Gladbach
Alexe wohnte hier in der Marienstr. 12. Da durch ihre vielfältigen Aufgaben und vielseitigen künstlerischen Begabungen ihr Ansehen wuchs, wurde auch Hans Zanders, der Inhaber und Chef der Papierfabrik I .W. Zanders in Bergisch Gladbach auf sie aufmerksam und übertrug ihr ab 1906 die Leitung der Werbeabteilung, die sie mit großem wirtschaftlichen Erfolg für die Firma bis zu ihrem Ausscheiden im Jahr 1932 in Folge einer plötzlich auftretenden Schüttellähmung innehatte.
Bad Kreuznach
Alexe Altenkirch starb am 25. Sep. 1943 in Bad Kreuznach. Sie ruht auf dem Hauptfriedhof Bad Kreuznach, Mannheimer Str. 249.
Foto: Frederik Thormaehlen 2015
Anmerkungen
Die Stadt Köln benannte die Alexe-Altenkirch Str. zu Ihrem Gedenken.
Familiärer Hintergrund
Alexes Vater Carl August Altenkirch war ein Bäckersohn aus OKriftel (Hattersheim) am Main, absolvierte eine Ausbildung als Kappenmacher und, wurde Weinhändler in Bad Kreuznach. Er lernte als Turner im VfL 1848 e.V. Bad Kreuznach Maria Gabriele Eccardt, die Tochter des Gründers der bereits damals international bekannten Klosterkellerei, Christian Ferdinand Eccardt, kennen. Carl und Maria heirateten 1866 und etablierten in der ehemaligen Villa Andres (Rheingrafenstr. 9) eine eigene Weinkellerei und bauten gemeinsam das renommierte Weingut Carl Altenkirch auf. Sie wurden um die Jahrhundertwende sogar Hoflieferanten des Rümänischen Königshauses von denen sich einige Vertreter öfters in Bad Kreuznach zur Kur aufhielten. Von 1869-1874 und von 1875-1880 war Carl Altenkirch Vorsitzender des VfL 1848 e.V. Bad Kreuznach.
Die Schwester des Vaters, Marie Reuther (geb. Altenkirch) (* 07.12.1846, † 10.05.1919), heiratete den Mannheimer Ingenieur und Industriellen Carl Reuther (* 31.10.1846, † 13.06.1908). 1872 gründeten Marie und Carl Reuther gemeinsam mit Karl Bopp die noch heute erfolgfreiche Firma Bopp & Reuther in Mannheim. Marie Reuther (geb. Altenkirch) und ihre Schwägerin Maria Gabriele Altenkirch (geb. Eccardt) waren sehr gut befreundet und es gab häufige wechselseitige Besuche in der Rheingrafenstr. 9 Bad Kreuznach bzw. in der Werderstr. 42 in Mannheim.
Der Bruder der Mutter, Carl Friedrich Eccardt, hatte die älteste Tochter Lina Eccardt (geb. Kauffmann) (12.01.1850-404.12.1935) des bekannten Kreuznacher Malers, Fotografen und Sängers Ludwig Kauffmann zur Frau. Seine ältere Schwester Elise Eccardt leitete als staatl. geprüfte Schulvorsteherin das Luiseninstitut in der Nachbarschaft seines Weingutes in der Salinenstr. 48. [3]
Alexes Schwester Elisabeth Dorothea Altenkirch (gen. Else) heiratete den Architekt und Kunstgewerbeschuldirektor Prof. Emil Thormählen (und ist somit eine Großtante des Stifters). Alexe hatte noch einen Bruder Karl.
Literatur
[3] Margarete Zanders S. 78 u. Anna E. Jux S. 4 ff )
[4] Mohr, Wolfgang, Bad Kreuznach in alten Ansichtskarten, Herausgeber Sparkasse, Bad Kreuznach, 1981.
Weblinks
[1] Die rumänische Königin Maria bei Radio Rumänien (aufgerufen am 04.10.2015)
[2] Alexe Altenkirch beim Frauengeschichtsverein (aufgerufen am 04.10.2015)