Ludwig Thormaehlen: Leben

full-9683

Portrait Ludwig Thormaehlens von Hans Braun (1910-1955)

Jugend und Studium

Ludwig Thormaehlen, ältester Sohn des Architekten und späteren Kunstgewerbe-schuldirektors in Magdeburg und Köln Emil Thormählen und seiner Gattin Else, älteste Tochter des Bad Kreuznacher Weingutsbesitzers Carl Altenkirch, begann nach der Reife-prüfung 1908 in Magdeburg und Berlin ein Studium der Philosophie und Kunstgeschichte. Im September 1912 besuchte er von Berlin aus die Ausstellung des Sonderbunds Westdeutscher Kunstfreunde und Künstler in Cöln, die sein Vater Emil Thormählen und seine Tante Alexe Altenkirch mitorganisiert hatten. Die dort gezeigte moderne Kunst prägte wahrscheinlich seine weitere berufliche Aktivität maßgeblich. Mit der Dissertation „Romische Architektur und Plastik des 12. Jahrhunderts in der Kirchenprovinz Trier“ bei Prof. Wilhelm Vöge in Freiburg und der Promotion mit der Note „summa cum laude” schloss er 1913 das Studium der Kunstgeschichte ab.

Berlin

Mit Hilfe seines Jugendfreundes Wilhelm Andreae fand er schon in Berlin Aufnahme in den intellektuellen Kreis um Friedrich Wolters und Berthold Vallentin, die ihm auch die Bekanntschaft mit dem Dichter Stefan George vermittelten.

1914 fand er an der Nationalgalerie in Berlin unter ihrem Direktor Ludwig Justi eine Anstellung als Hilfsassistent.

goldhochzeit_c.altenkirch

 

Foto: Ludwig Thormaehlen (1. v. r.) im Kreise seiner Familie und Mitgliedern des VfL 1848 e.V. Bad Kreuznach im Jahre 1916 bei der goldenen Hochzeit seiner Großeltern vor der Freitreppe auf der Südseite der Rheingrafenstr. 9 in Bad Kreuznach (Nachlass Klaus Thormaehlen)

Nach dem Kriegsdienst wirkte er am Aufbau der neuen Abteilung im ehemaligen Kronprinzenpalais mit, die ab 1919 mit äußerst großem Erfolg und internationalem Einfluss auf die moderne Kunst betrieben wurde [1] . Er stieg dort auf und war ab 1925 bis 1933 als Direktorialassistent mit der Redaktion von Katalogen und anderen Publikationen, mit der Führung von Inventaren und Echtheits- und Fälschungsfragen beschäftigt. Hinzukamen die Veranstaltung historischer und moderner Kunstausstellungen, so z.B.

  • 170 Gemälde v. Lovis Corinth, 1923 (Katalog mit Vorwort v. L. Thormaehlen [1])
  • Lebenswerk Hans Thoma, 1923
  • Lebensausstellung Corinth, 1926 [1]
  • Jahrhundert-Ausstellung Böcklin, 1927
  • Neuere Deutsche Kunst in Oslo,  Malmö und anderen Skandinavischen Städten, 1932 [2]
  • Munch, 1. Ausstellung expressionistischer Kunst für Skandinavien in Köln, 1932
  • Gutachter im van Gogh-Fälscherprozess

Einsatz für den Expressionismus

Spätestens seit 1912 nach dem Ausstellungsbesuch in Köln (s.o.), zeigte er Interesse für die zeitgenössische expressionistische Malerei und begann mit dem persönlichen Kennenlernen von Erich Heckel 1918 diese Malweise zu schätzen und zu fördern. “Junge und von ihrer guten Sache überzeugte Mitarbeiter Justis, die Doktoren Walter Kaesbach (später Akademiedirektor in Düsseldorf), Alois Schardt (später Museumsdirektor in Halle) und Ludwig Thormaehlen versuchten durch Führungen das Verständnis der neuen Kunst zu erwecken oder zu vertiefen” [6]. 1924-1926 schuf Ludwig Thormahlen eine Bronzeplastik von Erich Heckel. 1931 veröffentlichte er eine Monografie über Erich Heckel und sein Werk mit dem Titel “Junge Kunst”  [7].

Dieser Einsatz für den Expressionismus  brachte ihn 1933 in Konfrontation zur  neuen Doktrin der Nationalsozialisten, die diese Kunstform als entartete Darstellung ablehnten. Deshalb musste er seine Stellung in der Nationalgalerie aufgeben, nachdem zuvor bereits sein Direktor zwangsweise verabschiedet war. [3]

Kassel

Seine neue Stelle trat er  als Custos am Hessischen Landesmuseum in Kassel an und unterrichtete Stipendiaten in Kunstgeschichte. Anlässlich der Ausstellung „Entartete Kunst”. 1937 reichte er sein Gesuch um Entlassung aus dem Staatsdienst ein, was ihm auch bald bewilligt wurde, da er bereits zuvor mit einer Denkschrift über Korruption in Kunstdingen unter dem Nationalsozialismus negativ aufgefallen war.

Berlin

Wieder in Berlin als freier Bildhauer tätig, stellte er sich im Jahre 1941 auf Ersuchen des Kultusministeriums als Kunstexperte für die besetzten Gebiete zur Verfügung. Unter seiner Regie konnten Ausstellungen wallonischer und flämischer Kunst in Deutschland organisiert, aber auch die Ausfuhr vieler Kunstwerke aus Belgien verhindert werden.

Nebenbei sorgte er für die Angelegenheiten zahlreicher zeitgenössischer Künstler, die unter dem „Malverbot“ leiden mussten.

Bad Kreuznach

Nach Zerstörung seiner beiden Ateliers in Berlin und seines Elternhauses in Bad Kreuznach  fand er ab 1945 Zuflucht  in der Wohnung seiner Mutter im ehemaligen
„Luiseninstitut für Höhere Töchter” an der Stadtmauer, wo er ein neues Atelier bauen ließ.  Dort fanden jüngere Künstlerkollegen wie z.B. Hans Braun (1910-1955), Werner Meurer (1911-1986), Edvard Frank (1909-1972) u.a. , so wie Freunde aus dem Stefan-George-Kreis gastliche Aufnahme. Ab 1947 beauftragte ihn die Regierung in Koblenz mit dem Aufbau eines Berufsverbandes bildender Künstler und ernannte ihn zum ehrenamtlichen Sachberater des Ministeriums. Als Hauptgeschäftsführer dieses Berufsverbandes von Rheinland-Pfalz  und als Mitbegründer der Arbeitsgemeinschaft bildender Künstler am Mittelrhein (AKM) sorgte er u.a. für den Aufbau der renomierten Künstlerkolonie auf dem Asterstein in Koblenz.

Gegründet wurde die AKM 1948 in Koblenz durch den Bildhauer und Kunsthistoriker Prof. Dr. Ludwig Thormaehlen und den Maler Hans Dornbach. Diese beiden bekannten Künstlerpersönlichkeiten hatten es sich zur Aufgabe gemacht, die Künstlerkollegen in der äußerst schwierigen Situation direkt nach dem 2. Weltkrieg zu unterstützen und zu fördern. Viele Künstler schlossen sich der Gruppe an und so gehörte die AKM schon sehr bald zu den bedeutendsten Vereinigungen ihrer Art im mittelrheinischen Raum. [8]

Ein gutes Verhältnis pflegte Ludwig Thormaehlen zum damaligen 1. Vorsitzenden des AKM, Prof. Hanns Altmeier, einem Bruder des damaligen Rheinland-Pfälzischen Ministerpräsidenten Johann Peter Altmeier, CDU.

1952 wurde er zum Vorsitzenden der Vorschlagskommission für Staatsaufträge bei Neubauten im Bereich der Bezirksregierung Koblenz –Montabaur ernannt, wobei auch das Landesbaugesetz Anwendung fand, dass 1% der Bausumme für künstlerische Gestaltung verwendet werden soll. Für eine Legalisierung dieser Fördermaßnahme hatte er sich seit langem bei der Regierung eingesetzt.

Ludwig Thormaehlen starb am 3. Mai 1956 nach kurzer Krankheit in einem Sanatorium in Bad Ems, fast 67 Jahre alt. Am 17.Mai 1956 erschien ein Nachruf in der ZEIT von seinem ehemaligen Kollegen Alfred Hentzen.

Anmerkungen

  1. Durch Friedrich Wolters und Berthold Vallentins Fürsprache fand Ludwig Thormaehlen Aufnahme in den Freundeskreis um den Dichter Stefan George und hielt mit ihnen seitdem engeren Kontakt. [4]
  2. Die von Ludwig Thormaehlen kuratierte Ausstellung „Neuere Deutsche Kunst” in Oslo, Malmö, Kopenhagen, führte in Deutschland  zu heftigen kunstpolitischen Kontroversen und führte auch zu persönlichen Anfeindungen, während sie in Skandinavien große Erfolge feierte und letztlich auch im Heimatland eine würdige Anerkennung  fand. [2]
  3. Ludwig Thormaehlen erwirkte eine offizielle Namensänderung des Famileinnamens von Thormählen mit ä-Umlaut auf Thormaehlen mit ae, Diese Namensänderung wirkte sich jedoch nur auf die Nachkommen seines jüngeren Bruders Klaus Thormaehlen aus, da Ludwig Thormaehlen kInderlos blieb. Der Grund für die Namensänderung lag an den damals gebräuchlichen Schreibmaschinen, die keine Umlaute kannten.

Werk

Quellen

Schreiben des OStD Carl Krischer vom 06.10.1952 an den Oberbürgermeister von Bad Kreuznach Dr. Jungermann zur Begründung der geplanten Ehrung für Herrn Professor Dr. Thormaehlen

[1] Hentzen, Alfred: Die Entstehung der Neuen Abteilung der National-Galerie im ehemaligen Kronprinzen-Palais. In: Hans-Georg Wormit (Hg.): Jahrbuch Preussischer Kulturbesitz Jg. 1972, Band X, S. 9-75 G. Grotesche Verlagsbuchhandlung KG Köln und Berlin, 1973.

[2] Lörz, Markus: Neuere Deutsche Kunst: Oslo, Kopenhagen, Köln 1932. Rekonstruktion und Dokumentation. ibidem-Verlag, 2008.

[3] Hentzen, Alfred: Das Ende der Neuen Abteilung der National-Galerie im ehemaligen Kronprinzen-Palais. In: Hans-Georg Wormit (Hg.): Jahrbuch Preussischer Kulturbesitz Jg. 1970, Band VIII, G. Grotesche Verlagsbuchhandlung KG Köln und Berlin, 1971.

[4] Thormaehlen, Ludwig: Erinnerungen an Stefan George. Hauswedell, E, 1962.

[5] Rave, Paul Ortwin u. Thormaehlen, Ludwig: Zweihundert Bilder der Nationalgalerie, erworben 1910 bis 1925 von Ludwig Justi, Berlin, 1926.

[6] Rave, Paul Ortwin: Die Geschichte der Nationalgalerie Berlin. Staatliche Museen Preußischer Kulturbesitz Berlin, 1968.

[7] Thormaehlen, Ludwig: Erich Heckel – Junge Kunst Band 58. Klinkhardt & Biermann, 1931.

[8] AKM Koblenz https://www.akm-koblenz.de/historie.html