Festschrift

Die Johannes-Theodor-Thormaehlen-Stiftung und das Gymnasium an der Stadtmauer

Die Johannes-Theodor-Thormaehlen-Stiftung wurde im September 1998 von meinem Vater Hans-Theo Thormaehlen zusammen mit meiner Stiefschwester Vera Scheidweiler und mir vor dem Notar Dr. Dieter Leibrock in Bad Kreuznach gegründet. Die Bezirksregierung in Koblenz genehmigte sie am 28.05.1999 als „rechtsfähige öffentliche Stiftung des Bürgerlichen Rechts“. Neben der Förderung von Kunst und Kultur im Naheraum, der Erhaltung und Dokumentation der künstlerischen, geistigen und handwerklichen Arbeiten der Familie und ihrer Verwandten sieht die Stiftung auch die Förderung und Belobigung von Schülerinnen und Schülern des Gymnasiums an der Stadtmauer vor, die sich durch schulische Leistungen und soziales Engagement ausgezeichnet haben. Deshalb wurden aus Zinserträgen des Stiftungskapitals nach Absprache mit Schulleitung und Kollegium seit 2002 jährlich Zuschüsse zu den Buchpreisen für herausragende Abiturleistungen gegeben. Darunter fällt auch die Finanzierung für Buchpreise, die auf Empfehlung des Klassenleiters jeweils dem Klassenbesten am Schuljahresende überreicht werden. Im zweijährigen Turnus erhielten beim Schulfest Oberstufenschüler auch Urkunde und Scheck, die gute Leistungen und sozialen Einsatz für die Schulgemeinschaft gezeigt hatten. Diese Ehrung musste aufgrund der ungünstigen Lage am Kapitalmarkt zwischenzeitlich eingestellt werden.
Mit diesem Stiftungszweck soll dessen enge Verbundenheit mit der Schule als Schüler seit 1950 und auch eine Art Dankbarkeit für seine Lehrtätigkeit in den Fächern Latein und Sport an diesem Gymnasium von 1968 bis 2000 ausgedrückt werden. Seine Entscheidung förderte auch der Umstand, dass die Familie ein Nachbargrundstück zum Gymnasium jenseits der Stadtmauer besaß. Dort befand sich einst das „Luiseninstitut für höhere Töchter“, welches von seiner Urgroßtante Elise Eccardt geleitet wurde und auch im fachlichen Austausch mit Lehrern des Gymnasiums stand. Hinzu kommt, dass seit 1939 sein Halbbruder Ludwig, später seine Schwestern Ilott, Gundula und Bernhild, sein Sohn Karsten, seine Stieftochter Vera und sein Neffe Marius Gieseler erfolgreich dieses Gymnasium besuchten.
Nach 15-jähriger Führung der Stiftung hat mein Vater mir den Vorsitz des Stiftungsvorstandes übertragen, zu dem weiterhin meine Frau Luisa und mein Vater gehören. Uns ist es genauso wichtig, die Beziehungen zwischen unserer Familie und dem Gymnasium im Rahmen der Geschichte der Stadt Bad Kreuznach zu bewahren und für Interessierte unsere Website zur Verfügung zu stellen. Dazu im Folgenden ein kurzer Überblick:
Christian Ferdinand Eccardt gründete 1848 auf dem Gelände, auf dem heute die Kreuznacher Volksbank und die Turnhalle stehen, die später international bekannte Klosterkellerei C.- F. Eccardt. Zuvor hatte dort neben der ehemaligen St. Wolfgangkirche der erste Direktor des Königlich-Preußischen Gymnasiums 1. Klasse, Dr. Karl Eilers, sein Wohnhaus erbaut und eine Weinkellerei gegründet. In die Familie Eccardt heiratete Lina, die älteste Tochter berühmten Kreuznacher Malers, Grafikers, Fotografen und Sängers Ludwig Kaufmann (1815-1896) ein. Dessen Malkunst inspirierte ihre Nichte Alexe Altenkirch (1871-1943) , die künstlerische Laufbahn einzuschlagen. Zuvor hatte sich ihre ältere Schwester, meine Urgroßmutter Else Altenkirch, zur Kunstgewerbelehrerin ausbilden lassen. Sie heiratete den Architekten und späteren Kunstgewerbeschuldirektor in Magdeburg und Köln, meinen Urgroßvater Emil Thormählen. Deren ältester Sohn, Prof. Dr. Ludwig Thormaehlen, studierte in Berlin Kunstgeschichte, fand früh Kontakt zum Stefan-George Kreis , deren Mitglieder er nach Ende des Studiums und Promotion mit Erfolg als Autodidakt zu porträtieren begann. Ab 1914 stand er als Assistent im Dienst der Nationalgalerie in Berlin, wo er auch mit den Brücke-Künstlern in engem Kontakt stand, deren expressionistischen Werke er schon seit der Studentenzeit bewunderte. Er leitete ab 1925 als Kurator die Abteilung für moderne Kunst und organisierte bis zur Machtergreifung durch die NSDAP 1933 internationale Ausstellungen der deutschen Expressionisten . Nach dem Zweiten Weltkrieg war er Mitbegründer des Mittelrheinischen Künstlerbundes und wurde Berater der Landesregierung von Rheinland-Pfalz. Auch sein jüngerer Bruder, mein Großvater Dipl.-Ing. Klaus Thormaehlen, war bildhauerisch tätig und gab sein künstlerisches Talent an seine Tochter Gundula (Grafikerin, Malerin) und seine jüngste Tochter Bernhild weiter, die nach Ausbildung und Tätigkeit als Balletttänzerin und Choreografin in Düsseldorf später auch in Bad Kreuznach wirkte. Mein Bruder, der Kommunikationsdesigner und Fotograf Karsten Thormaehlen, ist durch die Fotodokumentation „Jahrhundertmensch“ international bekannt geworden. Gundulas Tochter, die Videokünstlerin Dara Friedman, ist mit dem Eventkünstler Marc Handforth verheiratet.
Zur Schulgeschichte zählt auch die Freundschaft zwischen Ludwig Thormaehlen und Carl Krischer (Direktor 1948-1958). Dieser griff Thormaehlens Anregungen zur künstlerischen Ausschmückung des 1952-1957 wieder aufgebauten Staatlichen Gymnasiums auf und ließ den Flur vor dem Sekretariat und das anschließende Eckklassenzimmer von dem Birkenfelder Maler Edvard Frank mit Fresken südländischer Motive dekorieren. Auf Thormaehlens Empfehlung hin versah das junge Künstlerehepaar Franz Eichenauer und Ute Best die gegenüberliegenden Wände der Pausenhalle mit Mosaikbildern. Als Erinnerung an diese Zusammenarbeit sollte aus dem Fundus von Ludwig Thormaehlen für die Errichtung eines Denkmals für die Gefallenen des Zweiten Weltkrieges die Plastik „Der Jüngling“ dienen. Die lebensgroße Plastik aus Bronze war vor dem Krieg zu Ehren seines Großvaters Carl Altenkirch (1840-1932), Vorsitzender des Kreuznacher Sportvereins, im Stadion Salinental aufgestellt worden, wo sie heute wieder steht. Stattdessen wurde an der dem Gymnasium zugewandten Seite der Stadtmauer im Jahre 1960 eine Stele errichtet. Auf diese wurde ein Bronzekopf mit den Gesichtszügen des jungen Frank Mehnert gesetzt (Sekretär und Helfer von Stefan George, seit der Schulzeit auch ein Freund des späteren Hitler-Attentäters Claus Schenk Graf von Stauffenberg). Nachdem dieser Kopf wiederholt von den Schülern beschädigt worden war, wurde er von der Stiftung auf einen neuen Sockel gestellt und wird nun im Direktorenzimmer präsentiert. Das „Unseren Toten 1939-1945“ geweihte Ehrendenkmal pflegt auch die Erinnerung an die Halbbrüder meines Vaters, Ludwig und Klaus Thormaehlen, die beide im Zweiten Weltkrieg fielen.

Einzelnachweise

[1] Thormaehlen, Hans-Theo: Die neue Turnhalle und der Sport am Gymnasium – in Festschrift zur 175-Jahrfeier des Gymnasiums 1819 – 1994 Bad Kreuznach 1994 – S. 158 ff

[2] Eilers, Dr. Gerd: Meine Wanderung durchs Leben – Verlag F.A. Brockhaus, Leipzig, 1857

[3] Zanders, Margarete: Alexe Altenkirch  – Malerin, Werbegrafikerin, Pädagogin – in Rheinisch Bergischer Kalender, Bergisch Gladbach 1977 S. 78 ff

[4] Thormaehlen, Ludwig: Erinnerungen an Stefan George – Verlag Dr. Ernst Hauswedell Hamburg 1962

[5] Lörz, Markus: Neuere Deutsche Kunst – Oslo, Kopenhagen, Köln 1932 ibidem-Verlag Stuttgart 2008

[6] Schumacher, Doris: Ludwig Thormaehlen – Bildhauer und Kunsthistoriker zwischen George-Kreis und Brücke-Künstlern – in Ausstellungskatalog 50 Jahre AKM (Arbeitsgemeinschaft bildender Künstler) Koblenz 1999